Wirtschaftsförderung

Wirtschaftsförderung
1. Begriff: Maßnahmen der Wirtschaftspolitik zur selektiven Begünstigung bestimmter wirtschaftlicher Tatbestände oder Verhaltensweisen. W. ist insofern abzugrenzen von anderen, gesamtwirtschaftlich wirkenden Maßnahmen, etwa zur Konjunktur- oder Wachstumsbelebung ( Globalsteuerung).
- 2. Formen: Die Vielzahl der in der Praxis vorkommenden Ansatzpunkte der W. lassen sich nach Hauptformen zusammenfassen: a) Sektoral oder branchenbezogen, z.B. Bergbau, Schiffbau, Wohnungswirtschaft ( sektorale Strukturpolitik,  Industriepolitik).
- b) Regionale Wirtschaftsförderung ( Regionalpolitik).
- c) Fördermaßnahmen zu Gunsten bestimmter Unternehmensgruppen oder wirtschaftlicher Tätigkeiten.
- Beispiele:  Existenzgründungsförderung,  Mittelstandsförderung, Förderung des Fremdenverkehrs, Filmförderung, Forschung und Entwicklung,  Forschungs- und Entwicklungsförderung, Umweltschutz, betriebliche Ausbildung u.a.).
- 3. Begründungen: Die Notwendigkeit der W. wird i.Allg. damit begründet, dass die begünstigten wirtschaftlichen Tatbestände oder Verhaltensweisen unter den Funktionsbedingungen des Marktes allein nicht zu den volkswirtschaftlich oder gesellschaftlich erwünschten Ergebnissen führen. Es wird folglich von der Notwendigkeit einer Korrektur der Marktmechanismen ausgegangen. ( Marktversagen).
- 4. Träger: In der Bundesrepublik Deutschland sind aufgrund der verfassungsmäßigen Aufgabenaufteilung zwischen den föderativen Ebenen zunächst die Bundesländer Träger der W. Tatsächlich gibt es auf Ebene der Bundesländer die größte Zahl an W.-Maßnahmen. Von ihrer budgetären Ausstattung her gesehen, treten die Landesmaßnahmen allerdings deutlich hinter den Maßnahmen des Bundes zurück. Bes. wichtige Aufgaben der W. werden als  Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern abgewickelt. Auch auf kommunaler Ebene wird W. betrieben. Schließlich ist die EU als supranationale Institution ebenfalls mit derartigen Aufgaben befasst. Die konkrete Durchführung von Maßnahmen der W. wird häufig speziellen  Wirtschaftsförderinstituten übertragen.
- 5. Instrumente: Es kann zwischen nachfrage- und angebotsseitig wirkenden Instrumenten sowie zwischen fiskalischen und nicht fiskalischen Instrumenten unterschieden werden. Fiskalische Instrumente sind mit bezug auf einen öffentlichen Haushalt ausgaben- oder einnahmenwirksam. Ausgabenwirksame Instrumente führen zu Zahlungen an private Unternehmen ( direkte Finanzhilfen), einnahmenwirksame Instrumente bedeuten i.Allg. einen Einnahmenverzicht der öffentlichen Hand (Steuerverzicht).
- a) Absatzförderung mit fiskalischen Instrumenten: (1) Änderungen in der Höhe und/oder der Zusammensetzung des Staatsverbrauchs können (in engen Grenzen) für Zwecke der W. eingesetzt werden, z.B. Förderung der Bauwirtschaft durch öffentliche Bauaufträge, der Luft- und Raumfahrt- oder der Schiffbauindustrie durch militärische Rüstungsaufträge. (2) Steuerliche Anreize sind v.a. in Form differenzierter Verbrauchsteuern oder der Mehrwertsteuer möglich (z.B. Mehrwertsteuerpräferenz nach dem früheren Berlinförderungsgesetz). (3) Absatzförderung für inländische Produkte durch Verteuerung von Importsubstituten über Einfuhrzölle (ein heute unter den Regeln der WTO nur noch sehr begrenzt einsetzbares Instrument). (4) Exportförderung durch  öffentlich unterstützte Exportkredite oder durch staatliche Garantien für Exportgeschäfte ( Exportkreditgarantien des Bundes).
- b) Absatzförderung mit nicht fiskalischen Instrumenten beschränkt sich im Wesentlichen auf den Außenwirtschaftsbereich (Abbau von Handelshemmnissen, was allerdings in aller Regel zugleich den Verzicht auf Importrestriktionen bedeutet).
- c) Angebotsseitige fiskalische Instrumente: (1) Unentgeltliche Zurverfügungstellung öffentlicher Vorleistungen ( Infrastruktur, Einrichtung von  Gewerbeparks oder Gründerzentren ( kommunale Wirtschaftsförderung)). (2) Finanzielle Unterstützung der Produktion (Zuwendungen zu den laufenden Kosten, z.B. Personalkosten) oder der Investitionen ( Investitionsförderung). (3) Steuerliche Begünstigung bestimmter Aufwandsarten (z.B. für  Forschung und Entwicklung, Umweltschutz).
- d) Angebotsseitige nicht fiskalische Instrumente: (1) Schutz vor ausländischer Konkurrenz durch nicht tarifäre Handelsbeschränkungen. (2) Schaffung eines ordnungs- oder wettbewerbspolitischen Sonderstatus ( Regulierung,  Deregulierung).
- 6. Quantitative Bedeutung fiskalischer Instrumente: Eine umfassende monetäre Erfassung und Bewertung aller Maßnahmen der W. ist nicht möglich, da für die nicht-fiskalischen Maßnahmen ein geldwerter Vorteil praktisch nicht zu ermitteln ist. Aber auch für jene fiskalischen Instrumente, die zu Einnahmenverlusten (Steuerverzichten) des Staates führen, ist nicht immer eine genaue betragsmäßige Quantifizierung möglich. Für das Jahr 2001 ergibt sich aus den Haushaltsrechnungen des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften ein statistisch erfassbares Volumen an Fördermaßnahmen von 415 Mio. Euro. Der größte Teil hiervon entfällt auf sektorale Förderzwecke.
- 7. Wirkungskontrollen:  Mitnahmeeffekte.
- Weitere Informationen unter www.bmwa.bund.de.

Lexikon der Economics. 2013.

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